Die »Achse der psychosomatischen Totalität« Vom Körper-Sein zum seelischen Erleben bei psychosomatischen Symptomen

Mathilde Pichler      

Das Bemühen um das Verständnis psychosomatischer Symptome stößt immer wieder an die Grenze des Leib-Seele Dualismus. Sami Ali (1974, zit. n. Ruettner et al. 2015) versucht diesen Dualismus in seiner Theorie der psychosomatischen Totalität dahingehend zu überwinden, als er eine Achse zwischen den Polen »organisch-imaginär« und »symbolisch-imaginär« konzipiert. Der Pol »organisch-imaginär« bedeutet, dass seelisches Erleben im Gegensatz zum Pol »symbolisch-imaginär« im Symptom gar nicht repräsentiert ist und sich rein organisch manifestiert. Je tiefer daher ein psychosomatisches Symptom in das somatische Substrat reicht, desto geringer ist der Symbolisierungsgrad des Symptoms und die darin enthaltene psychische Repräsentation. Daraus ergeben sich je nach somatischer Schwere der psychosomatischen Symptomatik auch Unterschiede in der Behandlungsstrategie: Psychosomatische Symptombildungen mit pathophysiologischen Beeinträchtigungen erfordern aufgrund der fehlenden psychischen Repräsentation einen weitaus impliziteren, unmittelbareren therapeutischen Umgang als beispielsweise Konversionssymptome, die mit ihrem hohen Symbolgehalt verbalen Deutungen gut zugänglich sind. Anhand von Fallvignetten werden Behandlungsunterschiede entlang dieser Achse mittels Imaginationen dargestellt.